(Riedenburg/Hamburg, 15.09.2020) Ein Kreativbrauer aus dem hohen Norden, ein Bio-Brauer aus Niederbayern, 300 Kilogramm Frischhopfen und eine gemeinsame Mission: Oliver Wesseloh von der Hamburger
Kreativbrauerei Kehrwieder und Maximilian Krieger vom Riedenburger Brauhaus haben heute ihren Gemeinschaftssud Frischer Traum gebraut, um den Bierfans in ganz Deutschland erneut ein besonderes
Geschmackserlebnis zu bieten.
Es scheint, als bäumten sie sich auf, die grünen Hopfendolden in der Maischpfanne. Unermüdlich schwimmen sie auf der Vorderwürze und wollen einfach nicht abtauchen in das warme Gemisch aus
Braumalz und Wasser. "Die sträuben sich heute ganz schön", sagt Krieger mit einem Lachen und nimmt sich eine Holzstange zur Hilfe. Kraftvoll hält er diese gegen den Strom der Maische, in der
Hoffnung, das grüne Gold ließe sich zum Untertauchen bewegen. Und tatsächlich, nach ein paar Minuten haben sich auch die störrischsten Dolden mit Flüssigkeit vollgesaugt.
"Nur wenn die Dolden nass sind, kann sich das Lupulin herauslösen", erklärt Wesseloh, öffnet mit den Fingern exemplarisch eine Dolde und streift die kleinen, gelben Punkte heraus. Diese
Lupulinkörner duften aromatisch und enthalten alle für das Brauen wichtigen Bitter- und Aromastoffe. Wesseloh kennt sich aus mit diesen winzigen Geschmacksträgern, schließlich experimentiert er
in seiner Hamburger Kreativbrauerei seit 2012 mit den unterschiedlichsten Hopfensorten und entwickelt dabei die exotischsten Rezepturen.
Insgesamt 300 Kilogramm Frischhopfen der Sorte Callista vom Biohof Eckert in Herpersdorf wandern am Erntetag in die Maischpfanne. "Das Besondere am Frischhopfenbier ist, dass es nur während der
Erntezeit gebraut werden kann", sagt Krieger. Frischer und aromatischer kann ein Hopfen nicht in den Sud gelangen, versichert der Braumeister. Normalerweise wird der Hopfen nach der Ernte
getrocknet. Doch Krieger und Wesseloh sind überzeugt, dass dabei wichtige Aromen verloren gehen. Deshalb brauen die beiden mit frisch vom Feld geerntetem und ungetrocknetem Hopfen - und das in
"irrwitzigen Mengen", wie sie betonen. "In dieses feucht gehopfte Pale Ale kommt mindestens zehnmal mehr Hopfen als in ein Pils, das naturgemäß eh schon ziemlich bitter ist", verrät der
Bio-Brauer. Und das schlägt sich natürlich auch im Geschmack nieder.
"Wir sind selbst gespannt, wie genau der Frische Traum dieses Jahr schmecken wird", sagt er. Auch mit derselben Hopfensorte würde der Geschmack jedes Mal leicht variieren, denn eine Sorte
entwickle sich jedes Jahr weiter. "Außerdem kommt der Hopfen so frisch vom Feld, dass uns noch keine Analysedaten bezüglich der Bitter- und Aromastoffe vorliegen." Fünf der letzten sechs Sude
haben die Braupartner mit der deutschen Variante der alten amerikanischen Hopfensorte Cascade gebraut. "Das Bier hatte die ersten beiden Jahre vor allem eine Wildblütennote, erst dann hat sich
das Zitrusaroma entwickelt", erinnert sich Krieger. Zum zweiten Mal brauen die beiden nun mit der neuen Sorte Callista, die rund ein Drittel weniger Bitterstoffe enthält. "Ich vermute, das Bier
wird wieder recht fruchtig sein, mit weniger Zitrusaromen. Der Geruch wird an Multivitaminsaft erinnern, mit Maracuja und Orange im Vordergrund."
Experimentierfreudigkeit und das Streben nach Vielfalt waren ausschlaggebend für die beiden Brauer, ein feucht gehopftes Pale Ale zu kreieren. Doch was ist das eigentlich für ein Bierstil, dem es
angehört und der neudeutsch recht wenig aussagekräftig als Pale Ale bezeichnet wird? "Das Pale Ale ist ein helles, obergäriges Bier, dessen Ursprünge in England liegen", weiß Krieger. Im
weitesten Sinne fallen diese Bierstile unter die Craftbiere, die seit ein paar Jahren einen Aufschwung erleben.
Noch muss man sich gedulden, bis man die Geschmacksvielfalt des aktuellen Frischhopfenbiers erleben darf. Nach dem zehnstündigen Brauvorgang befindet sich der Sud momentan im Gärkeller und wird
nach ausreichender Reifezeit in rund vier Wochen - also Mitte Oktober - fertig sein.